Neue Realität

Wir sind gezwungen eine neue Vorstellung von Realität zu entwickeln, weil das nicht Reale im Sinne des Virtuellen offensichtlich all zu real wird. Das ist nicht ein neues Phänomen, Medien-Historiker wie William Uricchio haben es eingehend untersucht. Neue Medien erschreckten immer wieder Eltern, die sich Sorgen machen, dass ihre Kindern die reale Realität nicht von der virtuellen unterscheiden könnten. Es mag immer noch Vertreter der Theorie geben, dass Computer Spiele zu Gewalt-Verbrechen führen, Fernsehen dumm macht oder Comics Schund sind. Vertreter der letzten Theorie sind gerade eher am aussterben, ausgestorben sind bereits die, die Sorge vorm Radio, Telefon, der Eisenbahn, Fotografie oder Buchdruck umtrieb.

Es war immer die gleiche wiederkehrende Sorgen die in “unserer Zeit” aufkam, die Sorge in Information zu ersaufen und nicht mehr unterscheiden zu können, was wahr und was falsch ist. Bisher haben wir es geschafft uns an diesen durch neue Technologien hervorgebrachten neuen Realitäten anzupassen, zumindest die jeweils nachfolgende Generation hat es mehr oder weniger hinbekommen. Wobei wir mit der Adaption ins Hintertreffen geraten zu sein scheinen, wenn man die Zahl der Verwirrten um sich herum betrachtet. Ganz subjektiv, ganz gemein, ganz ehrlich.

Wir müssen eine neue Vorstellung von Realität entwickeln, nicht nur in der Art, in der es die letzten paar hundert Jahre gekappt hat, nämlich in der Anpassung unseres Verständnisses der Realität, sondern wir müssen ein grundsätzlich neues Verständnisses von dem was Realität ist entwickeln.

Auch das ist nichts neues in der Geschichte, wie es Davor Löffler in komprimierten Worten beschreibt. Die alten Griechen, Ägypter, Mayas sie alle hatten uns “mystisch” vorkommende mit userer Realitätsvorstellung inkompatible Vorstellung von Realität.

Wir können zum Beispiel gar keine adequate Vorstellung haben in welcher Realität die Ägypter oder Mayas gelebt haben, weil sie eine andere Vorstellung von Realität hatten, die mit der unseren inkompatibel ist.

Dergestalt wird die neue Vorstellung von Realität sein, die wir schnellstmöglich entwickeln müssen. Bevor uns unsere gegenwärtige Realität oder besser gesagt die unzureichende Abbildung derselben, umzubringen.

Die Zukunft des Denkens

Womöglich wird bald und vielleicht sogar schon jetzt den Kindern vor allen Dingen eine Fähigkeiten vermittelt, um sie aufs Leben vorzubereiten. Es ist eine Tugend und sie kann trainiert werden: Unvoreingenommenheit. Eltern/Schulen/Medien werden den Kindern beibringen so unvoreingenommen wie möglich zu sein. Denn diese Fähigkeit könnte die wichtigste Voraussetzung sein, erfolgreich zu sein – was auch immer Erfolg in der Zukunft ausmachen sollte. Denn Unvoreingenommenheit scheint mir die wichtigste Voraussetzung, um von der Vielzahl der Signale profitieren zu können, die auch aufgrund technischer Entwicklungen aus immer mehr Richtungen und immer lauter empfangen werden können.

Mit Voreingenommenheit hingegen ist es meiner Meinung nach schwierig, vom Wissen anderer zu profitieren, die ausserhalb der Grenzen der Voreingenommenheit stehen – technische Entwicklungen hin oder her. Die zum großen Teil widersprüchlichen Signale, die, wie zu erwarten ist, immer mehr, aus den verschiedensten Richtungen auf uns einwirken, über Smartphone, Computer, Zeitung, Radio, Fernsehen, Twitter, Facebook, YouTube, Instagram, TikTok – und was da noch alles ist und sein wird – all das scheint für voreingenommene Menschen immer mehr zum Problem zu werden, eine Kakophonie, unverständlicher Lärm.

Wenn man mit wenigen Augen auf etwas sehr großes und komplexes schaut, scheint mir, als dass man nicht viel mehr wahrnehmen kann als das Detail, das man zufälliger Weise vor der Nase hat. Man bräuchte viele verschiedene Blickwinkel, um große komplexe Dinge zu verstehen. Wenn sich das Ding dann noch bewegt, so wie man sagt, dass sich die Welt immer schneller verändert, wenn also das Ding, das es zu erfassen gilt ein ein “moving target” ist, kann es demnach nur erfasst werden, wenn man aus vielen Blickwinkeln gleichzeitig zu betrachten gelernt hat. Unvoreingenommenheit scheint mir die Voraussetzung zu sein, Blickwinkel zuzulassen, die dem eigenen Sehen vielleicht sogar widersprechen

Die Probleme mit denen die Menschheit in der Zukunft konfrontiert sein wird, werden vermutlich sowohl grösser als auch komplexer sein als heute und sie müssen dann noch viel mehr von den verschiedensten Seiten aus begutachtet und verstanden werden um sie reparieren zu können. Die Unvoreingenommenen würden so immer mehr an Bedeutung gewinnen, denn sie wären dazu in der Lage. Die Voreingenommenheit scheint mir schon jetzt auf dem absteigenden Ast, wie sich, meiner Meinung nach, auch an vielen Stellen beobachten lässt. Die seit Jahren offenbar immer mehr zunehmenden Diskussionen um Diversität aller Art ist meiner Ansicht nach ein Ausdruck von genau dieser Entwicklung, Ausgrenzung und Voreingenommenheit wird nach meiner Beobachtung immer weniger goutiert. Der tiefer liegende Grund ist dabei meiner Meinung nach weniger das Streben nach Gerechtigkeit, sondern das Bewusstsein um den Wert der vielen verschiedenen der Blickwinkel.

Ich bin überzeugt, dass Gesellschaften, die in der Lage sind, eine möglichst große Zahl an Perspektiven zuzulassen, besser sehen, besser erkennen und besser verstehen können. Und das wiederum scheint mir die beste Voraussetzung zu sein, klug auf Veränderung reagieren zu können. Wenn es stimmt, dass sich die Welt immer schneller verändert, werden es sich die Gesellschaften immer weniger leisten können, wählerisch zu sein und nur die Perspektiven gelten zu lassen, die Voreingenommenheit zulässt.

Ich vermute, unsere Kinder werden klüger sein als wir, weil sie besser verstehen, sich mit dem Wissen aus tausenden von Blickwinkeln aufzuladen. Und sie werden sich vermutlich bewusst sein, dass jeder/jede einzelne alleine immer nur einen winzigen Blickwinkel auf die Realität wahrnehmen kann.

Diese Kinder werden, so vermute ich, unvoreingenommen sein, klug und bescheiden. Genies eben.

Die Diskussion um Facebook

Es passiert gerade sehr spannendes. Es ist die Debatte um Facebook. Es geht dabei allerdings um etwas ganz anderes als um die Frage, ob Facebook gut oder schlecht ist oder gar um die Frage ob die neuen Kommunikationsmedien an sich gut oder schlecht sind.

Wir können gerade einen wichtigen Schritt in der Entwicklung der neuen Kommunikationsmedien beobachten. Das ist nur nicht so offensichtlich, da dieser Prozess von Leuten ausgehandelt wird, die so sprechen als ginge es um Gut oder Böse. Das klingt dann bisweilen so, als wären die neuen Kommunikationsmedien an einen Punkt gekommen, an dem es womöglich nicht weitergeht. So als stünde der Untergang von Facebook oder so an. So wie darüber berichtet wird, könnte man den Eindruck gewinnen, das System stehe an einem Kollaps. Dem ist nicht so. Es wird zwar z.B. in den Hearings, die im Senat in den USA stattfinden immer wieder auf das Beispiel tabacco-industry verwiesen, wo also ein Wirtschaftszweig wissentlich das Leid von Millionen von Menschen billigend in Kauf genommen hat um Profit zu erwirtschaften. Auch wenn der Vergleich nahe liegt ist er doch nicht besonders hilfreich, denn anders als beim Zigarettenkonsum stehen den negativen Auswirkungen des Konsums neuer Kommunikationsmedien wesentlich mehr und wesentlich stärkere positive Effekte gegenüber. Was für die neuen Kommunikationsmedium insgesamt gilt, gilt wahrscheinlich sogar für Facebook selbst.

FB ist nicht so schlecht, wie die meisten sicherlich nachvollziehen können, wenn sie bereit sind folgender Überlegung zu folgen:

Den negativen Auswirkungen von FB stehen viele positive gegenüber. Ich denke das kann jeder sehen, der FB benutzt. Der FB nutzt trotz allem, was die meisten an FB zu kritisieren haben. Dem was zu kritisieren ist steht also etwas also etwas anderes gegenüber. Und bei den meisten (bei allen, die FB weiterhin nutzen) ist dieses Ding grösser als alles was zugegebener Massen negativ an FB ist. Und dieses Ding, das da dem Negativen gegenüber steht, das ist das positive, das FB hat.

Es könnte natürlich blöd für FB laufen und FB wird im Zuge der Diskussion zerschlagen. Das wäre dann sicherlich aber auch schon das dramatischste, das passieren kann. Am langfristigen Trend, dass die neuen Kommunikationsmedien immer größere Bedeutung bekommen wird sich gar nichts ändern.

Was wir da beobachten können ist schlicht und ergreifend, wie gerade unter grossem Anteil der Öffentlichkeit Fehler am System der neuen Kommunikationsmedien ausgeleuchtet und damit die Voraussetzung geschaffen wird diese Fehler zu korrigieren. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Fragen

“Kommt aus der Steckdose genauso viel Strom, wie aus dem Ladegerät von einem Computer?”, will meine Therapeutin wissen. Ich fange an zu erklären, von Spannung und Stromstärke, von Volt, Ohm und Ampere. Eigentlich habe ich keine Ahnung von Strom, das habe ich schon in der Schule nicht kapiert.

Wenn ich es nicht verstanden hätte, warum habe ich dann nicht meine Lehrer gefragt, will die Therapeutin wissen.

“Eine ausgezeichnete Frage!”, antworte ich, um etwas Zeit zum Überlegen zu bekommen. “Nun ja, die Lehrer haben es ja erklärt, obendrein stand es in den Schulbüchern, ich habe es aber trotzdem nicht verstanden. Nochmal nachzufragen kam mir gar nicht in den Sinn, ich dachte, die Lehrer würden sonst nur denken, ich sei dumm. Sei ich ja auch irgendwie gewesen, denn ich wusste ja nicht, wie das mit dem Strom funktioniert… Und faul war ich ausserdem, die Texte in den Schulbüchern überflog ich allenfalls, immer in der Überzeugung, ich würde sie ohnehin nicht verstehen. Man bekam Punkte, wenn man richtige Antworten gab. Fragen hingegen wurden nicht belohnt. Ich hatte immer den Eindruck, dass Fragen Lehrer ärgerten, weil es ja Fragen waren, zu Dingen, die sie schon erklärt hatten. Heute denke ich, dass die Fragen die Lehrer vielleicht deshalb ärgerten, weil sie die Fragen als Vorwurf nahmen, es nicht richtig erklärt zu haben. Und so lernte ich, den Lehrern zu gefallen, indem ich keine dummen Fragen stellte und lernte, wie ich Punkte bekam, indem ich so tat, als hätte ich verstanden.”

“Es dreht sich in Ihren Gedanken alles immer nur um Sie”, sagte meine Therapeutin und es dauerte eine Weile bis ich verstand.

Schon in der Schule war ich sehr damit beschäftigt, mir ständig zu überlegen, wie andere mich sehen. Statt zu lernen beschäftigte ich meinen Kopf damit, Prognosen zu erstellen, was meine Lehrer von mir denken würde. Ich hatte Angst, mich zu blamieren. Und so war ich die ganze Zeit so sehr mit mir selbst beschäftigt, dass ich darüber vergaß, Fragen zu stellen.

Nonsense

The old do not understand what the young do. And because the elders have learned so many things in their long lives and know so much, and yet all this knowledge cannot really explain what the young do, the elders are at a loss for a moment. And then the old people explain that what the young are doing as nonsense.

The young themselves cannot really explain what they are doing, either. The young have not yet found the right words. Because it takes a long time to find the right words. Finding the right words to describe something new, something that did not even exist in the past, takes years and decades. So the young cannot yet have words to describe the new. But the young feel that what they are doing is not nonsense.

They just don’t have the words to explain to the monkeys, who need words to understand.

 

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