Wir sind Schlangen, die anderen Schlangen in den Kopf greifen

Wir sind Schlangen, die anderen Schlangen in den Kopf greifen. Wir versuchen die anderen Schlangen so zu manipulieren, dass sie das machen und sich so verhalten, wie wir es für richtig halten. Manchen Schlangen mags ums Geld gehen, manchen darum, eine Wahrheit zu verbreiten oder eine ethisch richtige Handlungsweisen einzufordern. Es gibt die verschiedensten Motivationen, warum Schlangen einander in den Kopf greifen.

Warum machen Schlangen das? Vielleicht tauschen sie dadurch Informationen aus – in irgendeiner Form. Es gibt unterschiedliche Methoden sich gegenseitig in den Kopf zu greifen, die erdachten Schlangen auf dem Bild oben tun das mit Händen, wir Menschen greifen einander in den Kopf, indem wir miteinander sprechen (und es gibt noch andere Wege der Kommunikation). Genau da tut sich gerade etwas gewaltiges. Früher – und je früher desto mehr, war die Richtung der technischer Kommunikation (man stelle sich Radio vor), ein one-to-many, heute ist es primär ein many to many (all over the world, gleichzeitig und gleichzeitig zeitversetzt (wir kommunizieren mit unseren Freunden auf Facebook, während uns tote Denker ihre Gedanken via YouTube in den Kopf legen).

Man kann heutzutage Zeitung lesen, Radio hören, und eine WhatsUpNachricht schreiben. Gleichzeitig. Nicht, dass ich das könnte, aber ich habe es im Zug gesehen.

Man kann heutzutage Zeitung lesen, Radio hören und eine WhatsUpNachricht schreiben – gleichzeitig! (Nicht, dass ich es könnte, aber ich habe es im Zug gesehen.)

An diese “Gleichzeitigkeit der Stimmen”, die einem ständig in den Kopf greifen, während man im selben Moment anderen in den Kopf greift, daran müssen wir uns erst gewöhnen. Kein Wunder also, dass die Menschheit derzeit so verwirrt erscheint.

Aber wenn wir uns erstmal daran gewöhnt haben wird es wahrscheinlich ziemlich cool.

Clarity and cruelty belong together

Was Baudrillard 1976 gesagt hat erinnert mich an Trump: “Wenn wir noch immer – vor allem heute – dem Traum von einer Welt eindeutiger Zeichen, einer starken „symbolischen Ordnung“ nachhängen, sollten wir uns keine Illusionen machen: es hat diese Ordnung gegeben, und zwar in einer unbarmherzigen Hierarchie, denn die Klarheit und die Grausamkeit der Zeichen gehören zusammen.” Es erinnert mich nicht nur an Trump, es erinnert mich auch das, was von von manchen als “radikale Linke” bezeichnet wird. Ich würde die ganz Rechten und ganz Linken unter einem Begriff zusammenfassen: tendenziell monoperspektifisch.

Klarheit und Grausamkeit gehören zusammen

What Baudrillard said in 1976 reminds me of Trump: “If we still – especially today – pursue the dream of a world of unambiguous signs, of a strong “symbolic order”, we should have no illusions: this order has existed, and in a merciless hierarchy, because the clarity and cruelty of signs belong together.” Not only does it remind me of Trump, it also reminds me of what is labelled by some as the “radical left”. I would summarise the far right and the far left under one term: tendentially monoperspectival.

Translated with www.DeepL.com/Translator (free version)

Life according to Korsakow is an experiment

Life, according to Korsakow (#LATK) is a series of experiments. These experiments involve using my camera, my mind, and platforms like YouTube. Through the lens of my camera, I observe my mind by recording my thoughts as I express them. I then engage in thorough video editing to distill the core essence of my observations – to better understand what I think and feel.

This practice of radical video editing emerged from my extensive work as a media-artist, documentary maker and curious observer, where I conducted and recorded hundreds of hours of interviews. Unlike the conventional approach of shaping interviews into stories, my interest was in understanding what people think and feel and especially when thinking and feeling contradicts each other.

Drawing from my experience of closely observing global politics during two decades that I spent in the newsroom of an international news broadcaster, I’ve learned over the years that when thinking and feeling diverge, it often serves as a pointer towards the future. This principle seems to apply to nations and societies, but does it also apply to individuals?

Can I employ my camera, my mind, and social media to better understand what i think and feel?

Artivist und Exloratist Approach

Es ließen sich zwei Ansätze unterscheiden, interaktiven Dokumentarfilm zu machen: Artivist und Explorartist Approach (und der Raum dazwischen). Diese Begriffe sind meines Erachtens hilfreich für das Verständnis von generativen Systemen und insbesondere von Korsakow. Ein Artivist Approach lässt sich auch mit linearen Formaten realisieren, für einen Explorartist Approch eignen sich jedoch besonders sowohl nichtlineare als auch generative Formate, die eine Vielzahl von Perspektiven gleichberechtigt erzeugen. Korsakow ist z.B. ein solches Format. Korsakow ist nicht nur ein Format, es ist auch ein Werkzeug und so muss man also nicht nur lernen, wie es zu benutzen, sondern auch wie es zu “lesen” ist. Erst dann kann sich das Potential von Korsakow entfalten, jedweden Untersuchungsgegenstand multi-perspektivischer zu verstehen.

Dieser Text entspringt einem Einführungsvortrag, den ich im Frühjahr 2023 im Rahmen eines Kurses an der HSLU gehalten habe, in dem Studierende interaktive Dokumentarfilme mit der Korsakow-Software machen.

Wir haben letzte Woche bei unserem ersten Treffen (am 2. Mai 2023) 30 Minuten lang GELD.GR angeschaut. 30 Minuten waren genug Zeit, um an die Schmerzgrenze von GELD.GR zu gelangen. Das wurde in der Diskussion deutlich und sehr schön von einem Studenten ausgedrückt, der beschrieb, wie er GELD.GR nicht “mit einem Kaffee rücklehnend einfach so schauen” hätte können, bei GELD.GR müsse er “da sein”, “am Bildschirm sein”, und das eigene Hirn “aktiv” und damit anders einsetzen, als z.B. beim Ansehen von “normalen Filmen”. Bei “normalen Filmen” gehe es vor allen Dingen darum, zu verstehen, was der Autor einem durch das Werk mitteilen will.

Bei GELD.GR müsse man das Hirns “anders” einsetzen, zuerst um Entscheidungen zu treffen, welche Links auszuwählen sind, aber dann insbesondere um aus dem Gesehenen Sinn machen zu können. Um die unendlich erscheinenden Perspektive, wie es eine Studentin ausdrückte, zusammenzubringen, zusammen sehen und zusammen erfassen zu können.

Es wurde als “neu” und “gewöhnungsbedürftig” beschrieben, Medien nicht wie üblich “zu konsumieren”. Ein Student bemerkte: “Das ist cool, es fordert mich”.

Adrian Miles nennt dieses ‘gewöhnungsbedürftige’ Ding “problem of ‘uncertainty’” Miles, A. (2014) und “uncertainty” – “Ungewissheit” ist anstrengend und fordernd, oftmals frustrierend, weil man nicht weiß, was man mit dem Gesagten angefangen soll, “weil einem nicht gesagt wird, was man denken soll”, wie es einmal ein Zuschauer einer Korsakow-Show in München ausdrückte.

In GELD.GR wird einem viel weniger nahegelegt, wie man das Gesehene werten und einordnen solle, als man das von filmischen Medien gewohnt ist. Man fühle sich (vom Autor?) alleine gelassen, sich selbst überlassen. Die Vielzahl der in GELD.GR dargestellten Perspektiven wurde auch von einem Studenten als “verwirrend” beschrieben, ähnlich wohl wie wenn man auf einem Jahrmarkt in einem Spiegelkabinett unterschiedliche Perspektiven gleichzeitig sieht.

Ein Student sagte, man müsse sich erst in eine ungewohnte Rolle einfinden, eine aktive Rolle, eine Rolle, in der man nicht jemand sei, der “nur zuhört”, wie er sagte, man müsse “aktiv” sein und “erkunden”. Und da stellt sich die spannende Frage, was es mit dem Denken macht, wenn das Hirn mehr in einem Modus des Erkundens, statt des Zuhörens ist? Kommt man womöglich leichter in einen Modus des Hinterfragens vorgegebener Narrative? Und wie geht man dann damit um?

Die Beschäftigung mit GELD.GR, so eine Studentin, sei eine “komplett andere Art, mit einem Film zu interagieren”, das sei halt “eine andere Art” und sie sei auf diese andere Art “spannend” und “etwas neues”.

Der Student sagte “ich habe das eine halbe Stunde geschaut und dann habe ich aufstehen und kurz laufen müssen”, er habe gemerkt, “ok, das war jetzt für mich Arbeit und das bin ich nicht gewohnt von Film”. Film würde er normalerweise “nur analysieren”, so hat er es ausgedrückt.

Diese Beschreibung erinnert mich an das, was Adrien Miles sagte, als er von Franziska Weidle für ihre Doktorarbeit befragt wurde, wie er denn Korsakow-Filme anschaue. Er beschrieb, wie er diese Art von offenen Korsakow-Filmen stückweise zu sich nehme. Idealerweise jeden Tag ein paar Minuten, um sich dann wieder anderen Tätigkeiten zuzuwenden. Manche mögen dieses Phänomen als mangelnde Aufmerksamkeit, als “attention deficit” auf Seiten des Betrachters beschreiben oder als Fehler des Films, der so langweilig ist, dass er die Aufmerksamkeit des Betrachters nicht halten kann. Ich sehe das allerdings anders.

Was den Betrachter betrifft: Es ist eine enorme Aufmerksamkeit des Betrachters, Themenkomplexe stückweise zu betrachten mit einer Zeitspanne groß genug um auch dem Unterbewussten zu erlauben, sich in den Denkprozess einzubringen, mitzureflektieren, mitzudenken. Es gibt Wissenschaftler, die vermuten, dass das bewussten Denkens zum allergrößten Teil vom Unbewussten geprägt ist so der Psychologe Paul Bloom (Sam Harris #317 – What do we know about our minds, Conversation mit Paul Bloom).

Unbewusst oder “unconscious” (Bloom, 2023) ist der größte Teil des Nervensystems, des Systems, mit dem Lebewesen die Welt erfassen und verarbeiten. Bewusstes Denken ist laut Bloom nur der kleinste Teil davon.

Was den Film betrifft: Es scheint mir ein Feature und nicht ein Bug zu sein, dass Korsakow kein mitreißendes und sucht erzeugendes Potential erzeugt, das den Betrachter dran hält und ihm stattdessen ermöglicht die Aufmerksamkeit mit anderen Dingen abzulenken um dem Unterbewusstsein die Zeit zu geben sich einzubringen.

Eine der Studierenden nennt einen Korsakow-Film “eine Metapher der Realität, wie sie wirklich ist”, in der man niemals alles wissen könne, man brauche immer wieder Pausen, um zu reflektieren.

Wir haben über GELD.GR gesprochen, das ist eine Art, auf die man Korsakow-Filme machen kann. Es ist meine Art, Korsakow-Filme zu machen und es gibt noch eine andere Art.

Diese andere Art lässt sich als “artivist approach” beschreiben, einen Begriff, den die interaktive Dokumentar-Filme-Macherin Marta Fiolić benutzt, um ihr Vorgehen beim Machen ihrer Arbeiten zu beschreiben.

“Artivist” setzt sich aus “artist” und “activist” zusammen und beschreibt den Prozess des Machen als motiviert von einer konkreten Agenda, das von einem Problem ausgeht, auf das es hinzuweisen gilt und für das man Lösungen anbieten will. Der Film oder das Projekt hat eine Agenda, die mehr oder weniger bereits zu Beginn des Prozesses benannt werden kann.

Entsprechend dem “Artivist Approach” von Marta Fiolić würde ich den Ansatz von GELD.GR und fast allen meinen Projekten mit dem Begriff “Explorartist Approach” beschreiben, zusammengesetzt aus den Worten “explorer” und “artist”. Explorer kann mit Forschungsreisende:r übersetzt werden und als Forschungsreisende:r weiß man nicht, was man finden wird – und kann auch keine damit verbundene Agenda verfolgen.

Zusammenfassung:
Es gibt zwei Ansätze, Interaktive Dokumentarfilme mit Korsakow zu machen. Benennen lassen sich diese Ansätze mit “artivist” und “explorartist approach”.

Interaktive Dokumentarfilme tendieren generell dazu, anstrengend zu sein, weil sie eine andere Art des Denkens erfordern. Interaktive Dokumentarfilme, die einen Exploratrist Approach verfolgen, sind insbesondere für Nutzer enttäuschend, die mit einer Erwartungshaltung, etwas nicht nur gezeigt, sondern auch eingeordnet zu bekommen, an den Interaktiven Dokumentarfilm herantreten.

Die Stärken eines Interaktiven Dokumentarfilms ist generell die Offenheit mit der man an ein Thema herangehen kann, diese Offenheit ist beim Explorartist approach größer als beim Artivist approach, der Preis der dafür derzeit zu zahlen ist, ist, dass man damit ein von filmischer Erzählung geprägtes Publikum verunsichert.

Daher empfehle ich den Exploratist Approach denjenigen, die daran interessiert sind, ihre Meinung zu ändern, das gilt sowohl für diejenigen, die ein derartiges Projekt machen, als auch für diejenigen, die sich ein solches Projekt ansehen.

Denen, die eine Meinung (in der Regel ihre eigene) an andere weitergeben möchten empfehle ich den Artivist Approach, ich bin mir aber nicht sicher ob es dann überhaupt sinnvoll ist interaktiv vorzugehen, da das Interaktive zum einen, wie beschrieben, den Konsum des fertigen Projekts anstrengend macht und zum anderen den Betrachter in einen Modus des Hinterfragens bringt, die sich auch gegen Agenda bzw. die Message des Films richten kann.

Ich möchte es so formulieren:
Obschon man mit dem Werkzeug Korsakow artivistische Projekte (also solche mit klaren Haltung) konstruieren kann, sind derartige Projekte in gewisser Weise nicht korsakowisch, in dem Sinne, in dem Korsakow ursprünglich gedacht war. Die Entwicklung von Korsakow war von Anfang an der Versuch, ein Instrument zu schaffen, das es nahelegt, statt mit dem Werkzeug die Welt zu erzählen, die Welt durch das Werkzeug multiperspektivischer zu verstehen.

Korsakow ist kein Werkzeug, um die Welt zu erzählen, sondern um die Welt (zumindest mehr) für sich selbst sprechen lassen. Um zu verstehen, was einem die Welt durch dieses Instrument sagt, muss man allerdings erst “lesen” lernen, was die Welt durch das Instrument kommuniziert.

Jemanden, der nicht gelernt hat, durch ein Instrument zu lesen, kann mit dem Instrument nichts anfangen. So wie jemand, der nicht gelernt hat, eine Uhr zu lesen, mit einer Uhr nichts rechtes anfangen kann (außer, dass er sie womöglich hübsch findet, wie ein Schmuckstück).

Der allererste Schritt zu lernen, wie ein Instrument funktioniert, ist zunächst einmal, dass man hinschaut und das Werkzeug als solches überhaupt erkennt. Dann, dass man das Tool selbst einsetzt und lernt, wie man damit umgeht. Und erst dann lässt sich erlernen, wie man durch das Werkzeug hindurch die Welt anders und womöglich besser erfassen kann, so wie ich kürzlich einen Handwerker beobachtete der einen Hammer benutzte, um durch das Werkzeug festzustellen, aus welcher Art von Steinen eine Mauer gebaut war.

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