STORIES ARE VIRUSES

Hundreds of protesters gathered outside the residence of Minnesota’s governor on Friday to protest lockdown.

The New York Times April 18, 2020

That’s the kind of story the news likes to tell. It’s a great story because it’s unusual and disturbing at the same time.

Unusual because we should all have understood by now what this virus is all about and why and how we should help to contain its spread. Disturbing, because there are people who see it differently, express it militantly and thus again become a danger to everyone.

Somewhere in the USA, where not only the brightest lights live, hundreds (and on the pictures it looks more like hundred than hundreds) of the most stupid apes have gathered, waving blue-white-red flags and doing hullabaloo. They protest that the lockdown will be lifted. They demand their normal life back.

This is stupid for two obvious reasons.
1. as long as a larger part of society is afraid of a contagious disease, which can best be protected from by renouncing normal life, there will be no normal life.
2. it is a stupid idea to form a group with 100 others at times when a contagious virus is circulating.

In the sense of the opponents of the lockdown, an information campaign would make more sense, which explains to the people that their worries are completely unfounded because… And exactly this “because” is what is lacking. Because there are no good arguments. (The “argument” of the lockdown plunges many people into a shitty situation is not an argument, it is an observation).

Putting yourself in a group of 100 people at the moment is also pretty stupid, because it increases the risk of getting infected with the virus (even if you don’t believe in it). But this demonstration is unlikely to result in its participants becoming infected. The larger the group of people, the more likely they are to be infected, but for this relatively small group, the probability is not too high.

So most likely these idiots will not be infected, but they will probably use this as a way to “prove” how exaggerated the fear is. (Strictly speaking, they are just proving how bad their understanding of probability is, but that is nothing unusual, because humans in general are terribly bad at grasping probabilities intuitively (see Kahneman, “Thinking, Fast and Slow”).

The danger is high, however, that they will give others stupid ideas.

The perfidious thing about the story of the events, like the demonstration of the stupid monkeys in Minnesota, is that telling the story leads to many more people getting similarly stupid ideas. If 1000 times 100 people meet and wave flags, then we will almost certainly have a Super Spreader Event. That will actually have an impact.

So the only really scary element in the story of the demonstration of the stupid monkeys is the fact that we tell it to each other – and spread it by telling it.

In fact, the story is like the Corona virus itself. Anyone who tells the story transmits the virus. Most people don’t get sick.If someone gets sick, one symptom of the illness is that they go out into the street, form groups with others, wave flags and shout “Freedom!

By the way, this is the same with all stories. (The symptoms of the respective illness are very different and in most cases completely harmless).

Stories are viruses.

 

GESCHICHTEN SIND VIREN oder EIN SCHÖNES BEISPIEL, WIE DAS EXTREME GESCHICHTEN-ERZÄHLEN DIE REALITÄT UNGÜNSTIG BEEINFLUSSEN KANN

Hundreds of protesters gathered outside the residence of Minnesota’s governor on Friday to protest lockdown.

nytimes.com am 18.4.2020

Das ist so eine Geschichte, wie sie gerne in den Nachrichten erzählt wird. Es ist eine geile Geschichte weil sie ungewöhnlich und gleichzeitig verstörend ist.

Ungewöhnlich, weil wir doch mittlerweile eigentlich alle verstanden haben sollten, was es mit diesem Virus auf sich hat und warum und wie wir aus eigenem Interesse mithelfen sollten, seine Verbreitung einzudämmen. Verstörend, weil es da Leute gibt, die es anders sehen, es militant zum Ausdruck bringen und damit wiederum eine Gefahr für alle werden.

Irgendwo in den USA, wo nicht nur die hellsten Leuchten leben, haben sich 100te (und auf den Bildern sieht es eher aus wie hundert, als mehrere hundert) der allerdämlichsten Affen versammelt, schwingen blau-weiss-rote Fahnen und machen Rambazamba. Sie protestieren, dass der Lockdown aufgehoben wird. Sie fordern ihr normales Leben zurück.

Das ist gleich aus zwei offensichtlichen Gründen dämlich.
1. Solange ein größerer Teil der Gesellschaft Angst vor einer ansteckenden Krankheit hat, vor der man sich am besten schützt, wenn man auf sein normales Leben verzichtet, wird es kein normales Leben geben.
2. Es ist eine blöde Idee, sich in Zeiten, in denen ein ansteckender Virus umgeht mit 100 anderen Affen dicht gedrängt in einer Gruppe zusammen zu stellen.

Im Sinne der Gegner des Lockdowns, wäre also eine Informationskampagne sinnvoll, die den Leute erklärt, dass deren Sorgen völlig unbegründet sind weil… Und genau an diesem “weil” hapert es. Denn es gibt keine guten Argumente. (Das “Argument” der Lockdown stürze viele Leute in eine beschissene Situation ist kein Argument, es ist eine Feststellung).

Sich derzeit in eine Gruppe von 100 Menschen zu stellen ist ausserdem ziemlich blöd, weil es die Gefahr erhöht, sich mit dem Virus anzustecken (selbst wenn man nicht daran glaubt). Diese Demonstration wird aber wahrscheinlich nicht dazu führen, dass sich ihre Teilnehmer anstecken werden. Die Wahrscheinlichkeit, sich anzustecken steigt zwar, je grösser eine Menschengruppe ist, aber bei dieser doch relativ kleinen Gruppe liegt die Wahrscheinlichkeit nicht allzu hoch.

Also höchstwahrscheinlich werden sich diese Deppen nicht anstecken, wahrscheinlich werden sie das dann aber anführen, um zu “beweisen”, wie übertrieben die Angst sei. (Streng genommen beweisen sie damit lediglich, wie schlecht ihr Verständnis von Wahrscheinlichkeit ist, das ist aber nichts ungewöhnliches, denn der Mensch ist allgemein wahnsinnig schlecht darin, Wahrscheinlichkeiten intuitiv zu erfassen (vgl. Kahneman, “Thinking, Fast and Slow”).

Die Gefahr ist allerdings hoch, dass sie damit wieder andere auf dumme Ideen bringen.

Das perfide and der Geschichte von den Vorkommnisse, wie der Demonstration der dämlichen Affen in Minnesota ist, dass das Erzählen der Geschichte dazu führt, dass noch viel mehr Leute auf ähnlich dämliche Ideen kommen. Wenn sich dann 1000 mal 100 Leute treffen und Fähnchen schwingen, dann haben wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen Super Spreader Event dabei. Das hat dann tatsächlich Auswirkungen.

Insofern ist das einzige wirklich gruselige Element an der Geschichte von der Demonstration der dämlichen Affen, die Tatsache, dass wir sie uns erzählen – und mit dem Erzählen verbreiten.

Tatsächlich verhält es sich mit der Geschichten so wie beim Coronavirus selbst. Jeder, der die Geschichte erzählt überträgt den Virus. Die meisten werden nicht krank. Wenn jemand erkrankt ist ein Symptom der Erkrankung, dass diese Person dann auf die Strasse geht, sich in Gruppen mit anderen zusammenstellt, Fahnen schwenkt und “Freiheit!” ruft.

Das verhält sich übrigens bei allen Geschichten so. (Die Symptome der jeweiligen Erkrankung sind dabei höchst unterschiedlich und in den allermeisten Fällen völlig harmlos).

Geschichten sind Viren.

Corona geht gerade erst los

Dieses Video on MaiLab (von der ich bisher noch nie gehört habe) ist brilliant! Ein weiteres exzellentes Beispiel der Klugheit der heutigen Jugend, mit der ich meinen Freunden (die meisten gehen auf die 50 zu) bisweilen auf die Nerven gehe.

Wunderbar kluges Video – bitte unbedingt ansehen! Danach der Gedanke, der mir immer im Kopf herum geht, seit Merkel von der im Video erwähnten 70% Immunität gesprochen hat. Mein Gedanke klingt ein wenig verrückt, aber hey! – wäre uns die jetzige Situation vor drei Monaten nicht auch verrückt vorgekommen? So verrückt wie unser heute aus dem Blick von vor drei Monat aussieht ist meine Idee gar nicht…

Aber zuerst das Video:

 

Man wird den Virus sicher nicht mehr einfangen können. Containment wird wohl nicht mehr erreicht werden. Eine Möglichkeit ist, wie in dem Video beschrieben, ist durchzuhalten, bis es einen Impfstoff gibt und das ist wie beschrieben sehr schwierig.

Es gibt aber noch eine andere Möglichkeit.

Wenn man genug über das Virus weiss (und das ist wahrscheinlich sehr viel mehr als gegenwärtig) um das Risiko präzise genug einzuschätzen, kann man es wagen, Gruppen in der Gesellschaft geziehl zu infizieren, die allerhöchstwahrscheinlich nicht ernsthaft krank werden würden.

Millionen geziehlt infizieren?

Wenn man in näherer Zukunft weiss, dass Menschen zwischen (das ist jetzt fiktional) 14 und 25 Jahren ohne bestimmte Vorerkrankungen nur zu 0,01 Prozent krank werden, kann man es wagen, diese Gruppe zu 100.000den zusammenkommen zu lassen (isoliert von Leuten, die gefährdeter sind). Diese Gruppe lässt sich infizieren und bleiben so lange wie nötig isoliert. 0,01 Prozent (100 von 100.000 Personen) werden krank aber darauf kann man sich ja medizinisch vorbereiten.

Ein Monat isoliert, wie soll das gehen?

Zum Beispiel indem man die Leute gemeinsam einen Monat in den Urlaub schickt. Irgendwo in den Süden, wo Hotels mit Millionen Betten leer stehen. All Drinks free. Das wird lustig und das Risiko ist überschaubar.

Voraussetzung ist

1.
dass man genug Wissen über das Virus hat

2.
dass man eine gewaltige internationale Zusammenarbeit organisiert.

So oder so ähnlich könnte es womöglich auf der ganzen Welt geschehen.

Irgendwelche groben Denk- oder Rechenfehler?

Vertrauen und Bescheidenheit

Ich habe Freunde, die sagen, dass die Entscheidung der Politiker, die ganze Wirtschaft lahmzulegen, verrückt sei. Dass Politiker diese Entscheidungen nur treffen würden, weil sie selbst nicht die Kosten des wirtschaftlichen Niedergangs tragen müssten. Die Rechnung würden andere zahlen. Die Politiker hingegen würden nur Aktionismus unter Beweis stellen, um bei den Wählern gut anzukommen.

Könnte theoretisch sein. Ist praktisch aber total unwahrscheinlich.

Erstens geht diese Überlegung davon aus, dass die gegenwärtigen Entscheidungen der Politiker in der Corona-Krise risikolos seien, im Hinblick auf die Wirkung, die sie beim Wähler haben. Man kann sich ja mal ausmalen, was passiert, wenn die Notlage ausbleibt – und das, sogar dann, wenn die Maßnahmen der Politiker ursächlich bewirken würden, dass es erst gar nicht zur Notlage kommt:

Wie stünde Merkel dann da, mit ihrer ersten direkten Fernsehansprache ans Volk jenseits der Neujahrsansprache, wenn dann am Ende des Jahres nur 2.000 Senioren verstorben sind, die ohnehin gestorben wären, vielleicht an einem Schnupfen? – Erste Frau als Bundeskanzlerin, 15 Jahre? Merkel riskiert viel: Sie könnte am Ende ihrer Karriere als Kanzlerin in die Geschichte eingehen, die die Wirtschaftsmacht Deutschland an die Wand gefahren hat, wegen eines Schnupfens.

Zweitens geht dieses Argument davon aus, dass man zum jetzigen Zeitpunkt schon gut genug einschätzen kann, wie hoch oder gering die Gefahr ist. Dass man ausserdem das Risiko verantworten kann, dass man sich vertut. Doch derzeit ist die Informationslage widersprüchlich, unklar und verwirrend. Das Risiko hingegen ist gewaltig und selbst Worst-Case-Szenarien sind viel zu wenig unwahrscheinlich.

In Anbetracht der Größe des Risikos, das vom Corona-Virus ausgeht, muss man entweder über sehr viel Wissen verfügen oder entsprechend größenwahnsinnig sein, um sich seiner Meinung sicher sein zu können.

Ich möchte mir nicht anmaßen, die Gefahr einzuschätzen, daher verhalte ich mich entsprechend der Empfehlungen derer, die sehr wahrscheinlich über bessere Informationen verfügen und von schlaueren Leute beraten werden, als ich. Ich mache es so wie sie sagen. Obwohl und weil es Politiker sind. Ich vertraue Politikern, nicht weil sie unfehlbar wären, sondern weil sie wahrscheinlich weniger Fehler machen als ich.

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