“Es ist nicht rassistisch auf solche Punkte hinzuweisen.”

“It is not racist to point at those issues”

Ich bin auf YouTube bei diesem Satz hängen geblieben. Der Satz lässt sich verallgemeinern:
“Es ist nicht problematisch auf Punkte hinzuweisen.”

Es ist ein Satz der für mich so viel von den Problemen unserer Gegenwart auf einen Punkt bring.

Meine Recherchen, so könnte man sagen, legen den Schluß nahe, dass die meisten Menschen zu vielen Dingen, die sie als problematisch einstufen, zwar starke Meinungen, nicht aber besonders viel Ahnung zu haben. Zum Teil haben sie auch beeindruckend viele Informationsstücke (“SNUs” für alle, die mit Korsakow vertraut sind) internalisiert, aber diese SNUs schauten mehr oder weniger alle aus der selben Perspektive auf das Problem, nämlich aus der Perspektive der eigenen Meinung.

Wenn man ein mehrdimensionales Objekt (und jedes Problem ist ein mehrdimensionales Objekt) aus nur einer Perspektive betrachtet, hat man keine Chance, das Objekt auf einem höheren Niveau zu verstehen.

Immer wieder stelle ich in Gesprächen, selbst mit den intelligentesten Menschen fest, dass sie sich bei Dingen, zu denen sie eine Meinung haben schwer tun, sich auf Informationen einzulassen, die ihrer Meinung widersprechen. Wenn sie es doch tun, suchen sie in der Regel gezielt nach Informationen, die ihre Meinung bestätigt und benutzen diese SNUs dann als Munition, um ihre ursprüngliche Meinung zu verteidigen.

Viele Leute lassen Perspektiven nicht an sich heran und das ist ein Problem, denn was is die Konsequenz man, wenn man andere Perspektive nicht an sich heranlassen kann? Eine Perspektive oder einen Gedanken an sich heranzulassen ist Voraussetzung dafür, ihn zu bedenken, ihn kennenzulernen, so wie man einen Hund nur dann wirklich kennenlernen kann, wenn man ihn an sich heranlässt. Zu Dingen, die man nicht an sich heranlässt, kann man zwar ein Meinung haben, aber diese Meinung kann dann allenfalls zufällig richtig sein. Mit Analyse, verstehen, kennenlernen und sich in alle Aspekte hinein fühlen wollen hat das nichts zu tun. Mit anderen Worten: Mit der Realität hat es höchstwahrscheinlich nichts zu tun. Wenn man Dinge nicht an sich heranlässt lebt man früher oder später in einer Fantasiewelt.

‘It is not racist to point at those issues’

I recently got stuck on a sentence while watching YouTube: ‘It is not racist to point at those issues.’

This can be generalized to: ‘It’s not problematic to point out issues.’

For me, this sentence encapsulates much of the crux of our current social discourse.

My ongoing research suggests that the majority of people often hold strong opinions on matters they categorize as problematic, yet their knowledge on these subjects is frequently superficial. In some cases, individuals have absorbed a vast amount of information (or SNUs – for people familiar with Korsakow), but they view these problems through the singular lens of their own opinion.

If you examine a multidimensional issue (and every problem is multidimensional) from only one angle, you’re unlikely to achieve a deeper understanding of the object in question.

Time and again, in conversations with even the most intelligent people, I’ve observed that they struggle to engage with information that challenges their existing views. Instead, they seek out SNUs that reinforce their opinions, using this information as ammunition to defend their initial stance.

Many do not allow perspectives they deem problematic to affect them. This is the real issue because what happens if you refuse to entertain a perspective? Engaging with a thought or perspective is essential for understanding it, much like you can’t truly know a dog without interacting with it. You can have an opinion on things without truly understanding them, but such an opinion might only accidentally be correct. This approach has little to do with analysis, understanding, exploring, or empathizing with all facets of an issue. In other words, it’s likely disconnected from reality. If you don’t let new ideas affect you, you’ll eventually live in a fantasy world.

Oh, am I stupid

My words wrestle well and have meaning in themselves alone. They have nothing to do with the world.

Oh, am I stupid! I just had to laugh heartily when I suddenly realised my stupidity. I caught my brain linking things that can’t be linked. This is commonly called a mistake. My brain (like everyone’s?) is constantly making connections between things. This sometimes makes sense, for example when I put words in the ‘right’ order. So that the words make sense – or at least sound good. But often enough, my words may sound good, but they don’t really make sense because they can’t be linked to the world.

And this leads to the answer to the first question, which is: Are euphonious words always true? The answer, there should be general agreement, is – no. Words don’t have to be true, even if they sound nice. Everyone has certainly experienced this, at least since the invention of advertising.

The second question, however, is much more difficult to answer and I would be very interested in other perspectives: What about true words? Do true words always have to be beautiful? To examine this question, we must first define more precisely what is meant by ‘beautiful’ here. Beautiful not from the perspective of the moment, because true words are often terrifying. One would not actually expect beauty to be frightening. So beauty here must mean the beauty that emanates from a true sentence when the sentence is uttered in a historical context, far removed from any emotional closeness.

Emotional closeness, as I said, can be frightening.

Oh, bin ich dämlich

Oh, bin ich dämlich! Ich musste soeben herzlich lachen, als ich mir unvermittelt meiner Dummheit gewahr wurde. Ich habe mein Hirn dabei erwischt, wie es Dinge verknüpfte, die sich nicht verknüpfen lassen. Gemeinhin nennt man das einen Fehler. Mein Hirn (wie wohl jedes?) knüpft unentwegt Verbindungen zwischen Dingen. Das ist manchmal sinnvoll, wenn ich zum Beispiel Worte in “die richtige” Reihenfolge bringe. So, dass die Worte Sinn ergeben – oder zumindest wohl klingen. Aber oft genug mögen meine Worte wohl klingen, aber sie machen nicht wirklich Sinn, denn sie lassen sich nicht mit der Welt verknüpfen.

Und damit ergibt sich die Antwort auf die erste Frage, die da lautet: Sind wohlklingende Worte immer wahr? Die Antwort, da dürfte allgemein Einigkeit herrschen, ist – nein. Worte müssen nicht wahr sein, auch wenn sie schön klingen. Diese Erfahrung hat bestimmt schon jeder gemacht, zumindest seit der Erfindung der Reklame.

Die zweite Frage ist hingegen viel schwieriger zu beantworten und ich währe sehr an anderen Perspektiven interessiert: Wie ist es mit wahren Worten? Müssen wahre Worte immer auch schön sein? Um diese Frage zu untersuchen, müssen wir zuerst genauer definieren was an dieser Stelle mit “schön” gemeint ist. Schön nicht aus der Betrachtung des Augenblicks, denn wahren Worte sind oft erschreckend. Von Schönheit würde man eigentlich nicht erwarten, sich davor zu erschrecken. Mit Schönheit muss also hier die Schönheit gemeint sein, die von einem wahren Satz ausgeht, wenn man den Satz in der Betrachtung der Vergangenheit, im historischen Kontext ausspricht, weit weg von jeglicher emotionaler Nähe.

Emotionale Nähe, wie gesagt, kann erschrecken.

Interaktiver Dokumentarfilm ist tot. Es lebe der interaktive Dokumentarfilm.

Interaktiver Dokumentarfilm: Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Seit 1997 beschäftige ich mich mit dem, was wir heute als interaktiven Dokumentarfilm kennen. Zehn Jahre später erfuhr ich, dass meine Arbeiten in dieses Genre fielen, lange bevor der Begriff selbst existierte.

Interaktive Dokumentarfilme gab es für mich also schon, bevor es den Begriff gab. Und ich bin überzeugt, dass es diese Form weiterhin geben wird, selbst wenn der Begriff eines Tages in Vergessenheit gerät – ähnlich wie der Begriff “Multimedia” inzwischen historisch ist, obwohl das Konzept dahinter weiterlebt.

Die Zukunft des Interaktiven Dokumentarfilms

Wie könnte dieser “interaktive Dokumentarfilm” der Zukunft aussehen? Können wir ihn heute schon erkennen? Ja, das können wir. Ein Blick auf YouTube zeigt die bereits verwirklichte Zukunft des interaktiven Dokumentarfilms. Einzelne Videoclips, sogenannte SNUs (Smallest Narrative Units), werden durch Algorithmen miteinander verknüpft. Diese Methode, die ich seit 25 Jahren anwende, mag heute alltäglich erscheinen, doch für frühere Generationen war sie in einem Massenmedium undenkbar. Diese neue Art, Informationseinheiten zu verbinden, hat das Potenzial, unser Denken zu beeinflussen.

Mustererkennung und Multiperspektivität

Auf YouTube sehe ich, wie viele Menschen beginnen, bestimmte Zusammenhänge zu erkennen – Zusammenhänge, die ich durch meine Arbeit im interaktiven Dokumentarfilm ebenfalls entdeckt habe. Es geht darum, Muster zu erkennen, in denen mehrere, oft widersprüchliche Geschichten gleichzeitig existieren. Wo viele nur eine einzige Wahrheit sehen, erkennen andere den Wert aller widersprüchlichen Geschichten, die zusammen ein vollständiges Bild ergeben. Dieses Bild ist komplex, aber nicht unverständlich; manche Muster sind sogar ziemlich eindeutig.

Meine These

Das was ich “Korsakowianische Praxis” nenne, hat einen verstärkenden Einfluss auf das multiperspektivische Denken einer Gesellschaft. Indem wir lernen, verschiedene narrative Stränge zu erkennen und zu verknüpfen, entwickeln wir ein tieferes Verständnis für die Komplexität der Welt und die Vielzahl der Geschichten, die sie formen.

In diesem Sinne lebt der interaktive Dokumentarfilm weiter – in neuen Formen, auf neuen Plattformen und mit ähnlichen Methoden. Und er wird den Blick auf unsere Welt erweitern und vertiefen.

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