Karel Gott meets Bushido

Fasziniert betrachte ich das Video auf YouTube immer wieder. Das ganze eine Cover-version von “Forever Young” der Gruppe Alphaville aus dem Jahre 1984. Bushido war damals 6.

Bushido und Karel Gott stehen auf verblüffende Weise für die gleichen Werte. Familie (bei Bushido: “Blut”), Arbeit, der Traum vom besseren Leben.

Bushido, die tätowierte Version von Karel Gott? Die Sprache bei Bushido ist direkt. Was Karel Gott andeutet, Bushido spricht es aus. Die Gesellschaft hat in den vergangenen 30 Jahren gelernt, die Dinge beim Namen zu nennen. Vielleicht, so geht mir durch den Kopf, hat meine Mutter diese leisen Töne von Karel Gott verstanden. Im Gegensatz zu mir, der gedacht hat, Karel Gott produziere nur Seifenblasen.

Über die Zeit hinweg, über die Stile hinweg, verbinden sich Bushido und Karel Gott. Mashup macht Muster sichtbar – so deutlich, dass es fast weh tut.

Zootiere

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Berlin, Mai 2014

Berlin hat ein neues Einkaufszentrum, direkt neben dem Zoo. Durch eine Panoramascheibe können die Affen im Zoo jetzt den Affen in der Shoppingmall beim Einkaufen zuschauen.

Mauer

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Hannover, Mai. 2014

An anderen Orten ist eine Mauer noch eine ernsthafte Angelegenheit.

Leben in der Vergangenheit

Auf der Reise in Kanada und den USA, Nov 2013

Ich erinnere mich:
In den 90er Jahren wollte ich keine alte Musik hören. Ich wollte meine Zeit nicht mit Oldies im Radio verschwenden und womöglich etwas neues verpassen.

Ich erinnere mich:
Ungefähr um die Jahrtausendwende herum wünschte ich mir, dass nichts mehr erfunden werden würde. Dass keine neuen Bücher geschrieben würden, dass keine neuen Musiken mehr aufkämen, dass keine neuen Filme mehr gemacht werden. Um Zeit zu haben, all das zu sehen, zu lesen, zu hören, zu begreifen, was schon da ist.

Genau das ist geschehen. Heute wird das Vergangene reproduziert, neu gemischt, wiedergespielt und die Lücken, die gelassen wurden, werden gefüllt. Die Lieder, die früher schon hätten gesungen werden können, werden gesungen. Wie in einer nicht enden wollende Gruppentherapiesitzung, in der das Vergangene immer wieder aufgerührt wird.

Wahrscheinlich ist es genau das: Wir versuchen zu verstehen, was wir getan haben. Wir versuchen uns bewusst zu werden.

Wie wird sich die jetzige Epoche in der Zukunft einordnen lassen? Es wird die Zeit sein, in der nichts neues erfunden wurde. Und es ist die Zeit, in der alle in der Vergangenheit gemachten Kulturleistungen gleichzeitig in die Gegenwart gebracht wurde. Ein gewaltiges Unterfangen.

Aus dem Blickwinkel der kommenden Epoche wird dies klar sichtbar sein.
Doch was wird diese kommende Epoche sein?

[to be continued]

Im Körper

Berlin, Nov. 2013

Man kann noch so viel begriffen haben, es hilft einem nichts. Wenn man das, was man verstanden hat, nicht spürt, es lebt. Zum Beispiel das “im Augenblick sein”. Jeder halbwegs intellektuelle Mensch hat es verstanden. Die Theorie ist klar: Das Glück erschließt sich, wenn man den Augenblick lebt. Wenn man nicht andauernd über die Vergangenheit grübelt oder sich über die Zukunft Sorgen macht. Wenn man sich zum Beispiel die Wolken am Himmel anschaut. Einen Baum, dem der Wind durch die Blätter fährt. You know what I am talking about. Du, der Du diese Zeilen liest, bist auch so ein Intellektueller. Im Augenblick sein! Jetzt. Hier. Einatmen, ausatmen. Hunger? Durst? Wie riecht die Luft? Aber Du hast es ja längst begriffen. Du kennst den Gedanken. Jetzt mal wirklich: Wie riecht die Luft?

Intellekt ist was schönes. Aber was hilft es, wenn es die Welt nicht fühlen lässt, sondern nur begreifen? Begreifen kann ein erster Schritt sein, aber wenn man das Begriffene nicht erlernt, es nicht so lange übt, bis man es automatisch macht, ist es wertlos. Das Sammeln theoretischer Gedanken unterscheidet sich nicht sehr dem Sammeln von Briefmarken.

Ich habe eine Hexe kennengelernt. Die hat mir gezeigt, dass ich einen Körper habe. Dass ich nicht nur in einem Körper lebe, sondern dass ich ein Körper bin. Ein Körper, der denkt. Nicht ein Denken, das in einem Körper steckt. Die Hexe und ich, wir üben es immer wieder und die Erfahrung ist ein ums andere mal spektakulär: Ich bin ein denkender Körper. Und ein ums andere Mal verschwindet das Fühlen nach einiger Zeit wieder und ich rutsche zurück ins Denken. Ich denke dann wieder und fühle kaum mehr.

Wie fühlen sich meine Fingerspitzen an, wenn sie die Tasten des Computer-Keyboards nach unten schlagen? Und seltsam, wenn ich mir dessen bewusst werde, lenkt es mich nicht von meinen Gedanken ab, im Gegenteil. Es lässt meine Gedanken fließen. Aber ich muss aufpassen, denn meine Gedanken sind bereits dabei, meine Aufmerksamkeit zu übernehmen. Meine Gedanken schmieren meine Leben zu. Wie weiße Farbe über eine Fensterscheibe. Gedanken sind das, was wir aus der Welt machen. Die Welt ist alles, was denkbar ist, doch das, was wir denken, ist das Gefängnis, in dem wir leben.

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