Kunst ist nicht Design

Die Frage, was Kunst und was Design ist, hat mich früher oft irritiert. Dabei ist es eigentlich ganz einfach.

DESIGN

Beim Design geht es um die Kommunikation eines Auftraggebers mit dem Publikum. Der Auftraggeber einer Werbung für Turnschuhe, beispielsweise, möchte dem Publikum vermitteln, dass es bestimmten Schuhen Wertschätzung entgegenbringen soll. Das Design der Werbung, zusammen mit dem Design des Produkts, soll erreichen, dass das Publikum diese Schuhe kauft, oder die Trägern dieser Schuhe beneidet.

Oder: der Auftraggeber für die Beschilderung eines Flughafens möchte, dass das Publikum sich auf dem Flughafen nicht verloren vorkommt. Gutes Design ist konzentriert und effektiv. Das beste Design ist das, was sein Ziel so effektiv wie möglich erreicht. Wenn also das Ziel eines Turnschuhherstellers ist, seine Produkte als cool und jugendlich darzustellen, dann ist das Design das beste, dass dieses Ziel am direktesten erreicht. Wenn der Betreiber eines Flughafens die Flugpassagiere auf haarsträubenden Umwegen (und an möglichst vielen Flughafenshops vorbei) zu ihrem Flugsteigen leiten möchte, ohne das sich die Passagiere verwirrt oder veräppelt vorkommen, dann ist das Design das beste, das eben dieses Ziel erreicht. Im Falle des Flughafens ist also das beste Design nicht das, was die Passagiere am schnellsten zum Ziel bring. Das wäre aus Sicht der Passagiere sicherlich wünschenswert, deckt sich aber oft nicht mit den Interessen des Flughafenbetreibers und der ist es, der die Beschilderung in Auftrag gibt.

Design dient dem Auftraggeber.

Der Designer stellt sich in dessen Dienst.

Das beste Design ist das, was das Ziel des Auftraggebers am effektivsten erfüllt.

KUNST

Ziel von Kunst ist es, das Publikum zu inspirieren. Es zum Denken anzuregen. Nicht das Publikum als ganzes, sonder jedes einzelne Individuum (wenn es sich darauf einlassen möchte, oder kann). Es geht in der Kunst nicht darum, vorzugeben, was der Betrachter denken sollen (das wäre Design) sondern einen ergebnisoffenen Denkprozess anzuregen. Es gibt Gemeinsamkeiten: Kunst und Design streben nach der effektivsten Form der Kommunikation und arbeiten meist mit den gleichen Materialien. Doch es gibt Unterschiede: Design möchte so effektiv wie möglich ein vorgegebenes Ziel erreichen, Kunst darf kein konkretes Ziel haben und strebt allgemein Inspiration an. Bei dem Design ist da, was im Kopf des Betrachters vorgehen soll eng umrissen, bei der Kunst ist der Bereich dessen, was im Kopf des Betrachters vorgehen kann, viel, viel weiter.

Kunst hat kein vorgegebenes Ziel sondern möchte so effektiv wie möglich inspirieren.
Auch Kunst arbeitet mit den Mitten der Kommunikation. Es geht um die Kommunikation mit dem Publikum. Man könnte nun meinen, es geht um die Kommunikation des Künstlers mit dem Publikum. Doch darum geht es nicht. Ginge es darum könnte man sagen, der Künstler definiert das Ziel und beauftragt dann einen Designer der die effektivste Form findet, um eben dieses Ziel zu erreichen. Der Künstler würde also Auftraggeber des Designers und dies eventuell in Personalunion(*). Der Künstler ist demnach nicht derjenige, der mit dem Publikum kommuniziert, da er sonst lediglich in die Rolle des Auftraggebers in einem Designprozess tritt.

Wer oder was ist es dann, der mit dem Publikum in Kommunikation tritt?

Es ist die Kunst selbst. Also das Werk (es kann ein Bild sein, ein Musikstück, ein Text, ein Tanz). Es geht nicht um den Künstler. Das Werk muss für sich selbst stehen können. Es muss die Kraft haben, die ein Kunstwerk ausmacht: Die Kraft, den Betrachter zu inspirieren.

Kunst unterwirft sich nicht dem Ziel eines Auftraggebers. Kunst geht über das hinaus, was der Künstler ist oder denkt. Kunst inspiriert (zu freier Assoziation). Design animiert (zum Kauf, zum Spende, zum sich gut fühlen, zum Orangen auspressen (**)).

Bei beidem geht es um Kommunikation mit einem Publikum.

Bei beidem, Design und Kunst gilt, dass die Kommunikation so effektiv wie möglich sein muss. Bei beidem ist ein Qualitätsmerkmal: Kein Firlefanz, keine Ablenkung vom Eigentlichen.

(*) Sicherlich wird heutzutage vieles, was als Kunst verkauft wird nach diesem Muster produziert. Diese Kunst arbeitet in dem Bereich, in dem sich Design und Kunst überlappen, es lässt sich vortrefflich darüber streiten, ob es sich um Kunst oder Design handelt. (Und so lange diese Diskussion als hinreichend inspirierend empfunden wird, ist es wohl Kunst).

(**) Zb. beim Produktdesign.