Pfeilspitzen schnitzen

Auf einer Party streite ich mich mit einer Frau. Die ist aufgeregt, weil sie gelesen hat, dass Kinder in Schweden derartige Störungen in der Feinmotorik haben, dass sie nicht mal mehr einen Bleistift anspitzen könnten.

Ob es gut oder schlecht ist, einen Bleistift anzuspitzen zu können, kommt ganz auf den Blickwinkel an, sage ich, und sie versteht mich nicht.

Ich kann doch auch keine Pfeilspitzen mehr schnitzen und wenn ich es müsste, würde ich mich furchtbar blöd anstellen.

Und jeder Jäger und Sammler würde fragen, wenn er das sieht: Was ist denn das für ein dämlicher Affe?


Auszug aus “Codonaut – Wohin programmieren wir uns?”, einem Korsakow-Film über Künstliche Intelligenz. Der Film ist hier zu sehen: codonaut.de

2 Replies to “Pfeilspitzen schnitzen”

  1. Naja, klar macht es auf den ersten Blick keinen Sinn Fertigkeiten zu beherrschen oder zu wissen die man nicht benötigt, die unnuetz und nicht sinnvoll sind. Aber woher weiss man was sinnvoll ist? Auf der anderen Seite naemlich hat alles was man gut kann Implikationen fuer andere Bereiche. Wenn man Augentraining macht tritt der Effekt auf das man besser lesen und sich besser erinnern kann. Wenn man ein Instrument spielen lernt bzw. spielt hat dies Auswirkung auf Disziplin, Durchhaltevermoegen, Feinmotorik und Frustrationstoleranz. Dies beeinflusst dann auch wie man andere Dinge lernt und ausuebt. Das Gehirn verdrahtet sich neu. Eine Vorstellung ist also nicht nur sich dort zu betaetigen wo man bereits gut ist, sondern sich genau dort anzustrengen wo man ein Anfaenger ist und etwas Neues lernen muss. Ich bin vieles gleichzeitig: Ein Experte, ein Spezialist, gleichzeitig weiss ich viel nicht, kann viel nicht und nehme mich als Lerner wahr. Sich dessen bewusst zu sein ist eine ganz andere Haltung. Wenn ich also in Edale an einem Workshop fuer Loeffelschnitzen teilnehme und das Messer falsch halte und mich nebenbei unterhalte werde ich von einer 15-jaehrigen Loeffelschnitzerin energisch zur Ordnung gerufen. Hier hat sie die Autoritaet und Erfahrung. Ich bin Lerner. Dazu kommt der Wunsch die Dinge die man macht auch gut zu machen.

    1. Sehe ich auch so. Jede Übung, die einer macht verändert das Hirn, verändert das Denken. In dem Sinne ist auch jede Übung gut. Wenn also die Jungen aufhören würden Übungen zu machen, wäre das sicher schlecht. Doch das machen sie ja nicht. Die Jungen machen halt andere Übungen. Sie spitzen keine Bleistifte mehr an, sondern tippen z.B. auf dem Smartphone herum. Doch wer wollte objektiv sagen, welches die bessere Übung ist? Kurioser Weise scheinen sich die Alten da meist einig: Die beste Übung seien alte Übungen. Das ist verständlich, denn bei einer neue Übung kann man nicht wissen, wohin sie führt… Und wohin führt sie? – In die Zukunft.

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